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Ich bin im Rahmen meiner Seminararbeit auf der Suche nach (gerne auch historischen) Beispielen journalistischer Grenzfälle, in denen die Frage der "journalistischen Ethik" aufkommt. Ich habe vor, auf Basis dieser den Bogen zu WikiLeaks zu schaffen.
Ich bin im Rahmen meiner Seminararbeit auf der Suche nach (gerne auch historischen) Beispielen journalistischer Grenzfälle, in denen die Frage der "journalistischen Ethik" aufkommt. Ich habe vor, auf Basis dieser den Bogen zu WikiLeaks zu schaffen.
sehr konstruktiver kommentar! bin schülerin und kenne mich in dem forum hier nicht gut aus, habe mir aber neue anregungen von erfahrenen berufsjournalisten erhofft.
frage: fallen euch bedeutende journalistische grenzfälle im weltgeschehen ein?
sehr konstruktiver kommentar! bin schülerin und kenne mich in dem forum hier nicht gut aus, habe mir aber neue anregungen von erfahrenen berufsjournalisten erhofft.
Konstruktive Kommentare darf man nur bei einer entsprechenden Fragestellung erwarten.
Zitat:
Zitat von Lima92
frage: fallen euch bedeutende journalistische grenzfälle im weltgeschehen ein?
"Bedeutende journalistische Grenzfälle im Weltgeschehen" vielleicht nicht ganz. Aber die Spiegel-Affäre '62 wäre ein guter Ansatz.
Günter Wallraff (Ein kleines Interview hier) könnte man hier ebenso anführen. Auch hier kritisierten betroffene Personenkreise die Recherche, da sie zT. ihre Persönlichkeitsrechte verletzt habe. Letztlich geht es darum, welche Mittel zur Aufdeckung von Missständen legitim sind - wenn auch ein paar Dimensionen kleiner als bei WikiLeaks.
Es gibt sicherlich deutlich spannendere Beispiele - aber als kleiner Einstieg wäre das meines Erachtens schon passend.
Keine Ahnung, obs dir weiterhilft, insbesondere weil es zu WikiLeaks kaum passt, aber ich hab zu dem Thema (Journalismus und Amoklauf am Beispiel Winnenden) im Rahmen des Moduls "Medienethik" mal ein Referat gehalten. Dabei kam es auf folgende Punkte an:
- Schnelligkeit vs. Qualität: Wieviel Qualitätsverlust ist gerechtfertigt, um die Öffentlichkeit möglichst schnell zu informieren?
- Quantität vs. Heroisierung: Führt übermäßige Berichterstattung zur Heroisierung des Täters? Medien als Verantwortungsträger bzgl. Nachahmungstaten --> Werther-Effekt
- Information vs. Voyeurismus: Wo hört Informationsanspruch auf und wo beginnt Voyeurismus?
Keine Ahnung, obs dir weiterhilft, insbesondere weil es zu WikiLeaks kaum passt, aber ich hab zu dem Thema (Journalismus und Amoklauf am Beispiel Winnenden) im Rahmen des Moduls "Medienethik" mal ein Referat gehalten. Dabei kam es auf folgende Punkte an:
- Schnelligkeit vs. Qualität: Wieviel Qualitätsverlust ist gerechtfertigt, um die Öffentlichkeit möglichst schnell zu informieren?
- Quantität vs. Heroisierung: Führt übermäßige Berichterstattung zur Heroisierung des Täters? Medien als Verantwortungsträger bzgl. Nachahmungstaten --> Werther-Effekt
- Information vs. Voyeurismus: Wo hört Informationsanspruch auf und wo beginnt Voyeurismus?
Nicht nur Winnenden. An den ersten Tagen nach dem Erdbeden in Japan mal die Live-Berichte von n-tv angeschaut? "Jetzt komm schon endlich, du doofer Super-Gau".
Also, wenn du mal die Wikipedia-Seite zur "Bildzeitung" besuchst, findest du sicher hunderte von Fällen, die als Einstieg tauglich sind
Es geht wohl insgesamt um die Einhaltung des Pressekodexes*, das Aufstellen eigener journalistischer Grundsätze und um Qualitätsjournalismus versus Sensationsgier.
Darf sich die "Bild" überhaupt Zeitung nennen?
*Die fünf Grundsätze des Presskodexes sind:
- Sorgfältige Recherche
- Schutz der Privatsphäre, Persönlichkeitsrechte
- Schutz der Ehre
- Keine Diskrimierungen
- Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde
Bemerkenswerte Beispiele:
- Der deutsche Presserat hält die Abbildung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen für zulässig.
- Wichtige, auch für die Rechtsprechung bedeutsame Beispiele sind die Caroline-von-Monaco Urteile.
Das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 2004 gefällte Urteil brachte für die gesamte europäische Presse erhebliche Einschränkungen in den Möglichkeiten der Berichterstattung aus dem Privatleben Prominenter.
Ich sammele seit vielen Jahren Beweise zu Grenz-Fällen journalistischer Ethik und unterscheide deshalb gerne zwischen Larifari-Journalisten und solchen, die wirklich investigativ und damit auch integrativ arbeiten.
Die meisten Journalisten machen einen großen Bogen um das machtvolle Kompetenzmonopol der Juristen, weil sie wie die meisten Bürger ihr "rechtes Auge" zuklemmen. Sowas führt dann z. B. zu diesem Grenz-Fall, der noch viele "linke Augen" so weit aufreißen könnte, daß sich das rechte ein wenig mitöffnet:
Klaus-Peter Kerbusk, der große Versicherungskenner, besuchte mich vor vielen Jahren und brauchte 3 Stunden, um zu verstehen, daß es vor allem an Juristen liegt, insbesondere an Rechtsanwälten, wenn Medien immerwieder mal über die Zermürbung von Anspruchstellern berichten. Die letzte große Medienhausse, die von Insidern als bislang größte bezeichnet worden ist, wurde von Klaus-Peter Kerbusk gestartet durch seinen Bericht im SPIEGEL über die Witwe Martina Czaban. Ich hatte mit ihr Kontakt und konnte brisantes Wissen vermitteln. Klaus-Peter Kerbusk bat mich damals, mehrere dramatische Fälle zu recherchieren und für eine Veröffentlichung vorzubereiten, weil nur noch was Massiveres das Interresse vieler Leser finden wird. Ich stellte 8 Fälle zusammen mit sehr viel Aufwand. Leider fand Klaus-Peter Kerbusk dann trotz intensiver Bemühungen in der mehr als 200 Köpfe zählenden Redaktion keinen Kollegen mit Jurastudium, der bereit war, auf eklatante Fehlleistungen in der Rechtswirtschaft hinzuweisen.
Ich hatte danach etliche Kontakte mit Rechtsjournalisten, die aber nicht viel mehr taten als ihre Augen verdrehen, und durfte so schon viele "Grenzfälle" bewundern ...
Es haut also recht viele Journalisten hin, wenn sie versuchen, ihre Wissensgrenze in diesem wichtigen Bereich für die Steuerung gesellschaftlichen Verhaltens zu überschreiten. Und das, obwohl man im Rechtsdschungel Unglaubliches und viel Spannendes entdecken kann ...
Ein Fernglas reicht. Man muß nur das Rädchen zum Scharfstellen finden. Nachdem man sich das von einem Kollegen zeigen lassen könnte, der so viel juristisches Wissen angesammelt hat, daß sogar der rechtspolitische Redakteur des SPIEGEL Dietmar Hipp in Karlsruhe einem fantastischen Konditionierungshebelchen für die Arbeit von Juristen zustimmen mußte nach heftigem E-Mail-Kontakt, kann ich mich nur wundern über den am Boden liegenden deutschen Journalismus und über Leute, die glauben, Politkern könnten irgendwann Gesetze gelingen, an die sich die Plagegeister und Scherenspreizer unserer Zeit halten ...
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PS: Ich habe mit der Werbung unter meinem Nick
nicht das Geringste am Hut.